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Bulgarian Musicology - online
Year XXIII 1999 Book 4
• 100 Jahre seit der Geburt von Pantscho Vladigerov
(1899-1978) •
D i m i t e r C h r i s t o f f
Das kreative Phänomen bei Pantscho Vladigerov (Seite15)
L ü b o m i r D i n o l o v
Pantscho Vladigerov als Interpret seiner eigenen Musik (Seite20)
E m i l i a K o l a r o v a
Gattungsimpulse im Werk von Pantscho Vladigerov - Gesetzmäßigkeit oder
Zufall (Seite27)
S t o j a n A n g e l o v
Pantscho Vladigerov und der Bulgarische Rundfunk (Seite32)
B i s s e r k a G r a m a t i k o v a
Pantscho Vladigerov und Burgas in der ersten Hälfte des 20. Jh (Seite40)
* * *
Pantscho Vladigerov auf der Bühne des bulgarischen Musiktheaters (Seite
41)
In memoriam Todor Todorov (Seite 43)
S v e t l a n a Z a c h a r i e v a
“Auch wir, Bulgaren ...”/Überlegungen über zwei Aufsätze von Karel Mahan/
(Seite 72)
G e n c h o G a y t a n d j i e v
The New “Profiles” by Venelin Krustev: a Huge Creative Aim (Seite 81)
J a v o r K o n o v
Die erste Cembalo — Abhandlung aus der Entfernung von drei Jahrhunderten
(Seite 90)
Rezensionen
C l a i r e L e v y New Accents in Studying of Popular Music (Seite
98)
Verteidigte Dissertationen
M a r g a r i t a N i k i f o r o v a - P o p o v a “Mit dem Festkalender
verbundene Bräuche und Musik
im Dorf Kositschino, Region Burgas” ..................…………………………..................
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Das kreative Phänomen bei Pantscho Vladigerov
Dimiter Christoff
Die Kompositionstechnik von Pantscho Vladigerov erstaunt auch heute. Während der gesamten kolossalen Entwicklung der Ausdrucksmittel in der 2. Hälfte des 20. Jh bleibt sie weitgehend beeindruckend durch ihre machtvolle Harmonie, die fließende Klangvielfalt, durch den farbenreichen Orchesterton.
Vladigerov stützt mit Vorliebe die Schlußphase des melodischen Abschnitts auf einem stabilen Ton, um sie auf diese Weise zu stabilisieren. Diese Art des Abschlusses jedes einzelnen melodischen Abschnitts bringt Stabilität in den melodischen Ablauf, schafft deutliche stabile Töne, steckt sie scharf im Klangraum ab, schafft aber gleichzeitig auch Abschlußeffekte, die den gesamten Melodiefluß unterbrechen, er befriedigt und schöpft die Melodie dadurch aus.
Durch die häufige Anwendung der stabilen Töne am Ende jedes melodischen Abschnitts, verleiht ihnen Vladigerov gleichzeitig auch einen stoßenden Impuls, wodurch die Abschließung überwunden wird.
Die melodische Linie bei Vladigerov wird durch ständige variante Veränderung aufgebaut. Auf der Stütze bauend und davon ausgehend, fließt die Melodie bei Vladigerov als eine breite Form. Wenn die Melodie direkt auf den stabilen Ton baut, ohne Verschiebung, läßt sich in der vorgehenden melodischen Bewegung die antizipierende melodische Bewegung feststellen, die die Position auf dem stabilen Ton vorbereitet: selbst hier ist jene Verzögerung der Melodie eingebunden, die stattgefunden hätte, wenn sie nicht direkt auf der starken metrischen Zeit endete.
Dies erhöht ohne Zweifel die Schönheit der melodischen Atmung und läßt
sie sich in der Form von Weisen entfalten.
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Pantscho Vladigerov als Interpret seiner eigenen Musik
Lubomir Dinolov
Sein ganzes Leben lang hat Pantscho Vladigerov die Begabung des Komponisten mit dieser des Interpreten vereinigt. Seinem Klavierwerk wohnt die potentielle Idee der Interpretation durch den Autor inne.
Das Bild Vladigerovs als Klavierspieler und sein Verhalten als Interpret sind zwei Aspekte, die zu einem Ganzen zusammenfließen, das im individuellen Komponistenstil des Autors tief verwurzelt ist. Die Klavierspielschule bildet nur die Berufsbasis, doch der künstlerische Auftritt des Interpreten ergibt sich ausschließlich aus dem Stil Vladigerovs. Im schöpferischen Bewußtsein des Komponisten sind Musikinhalt und Interpretenbild untrennbar. Bei der Darbietung seiner Klavierstücke wiedergibt Vladigerov mit höchster Genauigkeit nicht nur den musikalischen Text, sondern auch sämtliche Hinweise, die er selbst in die Noten geschrieben hat.
Der Wert der schöpferischen Darbietungen von Vladigerov besteht in ihrer
großen künstlerischen Bedeutung und lassen seine reiche, originelle Begabung
zum Vorschein treten. Dieser Wert wenn man die Auswirkungen des Autorenblicks
auf ein Schaffen brücksichtigt, das schon der klassischen Schatzkammer
der bulgarischen Musik angehört.
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Gattungsimpulse im Werk von Pantscho Vladigerov —
Gesetzmäßigkeit oder Zufall
Emilia Kolarova
Die Lexik der für das 20. Jh typischen Unterhaltungs- und Tanzgattungen und des Jazz beeinflußt auch das künstlerische Denken und die Stilistik zahlreicher Kompo-nisten. Das sind Genreimpulse, die — mit unterschiedlichem Vorzeichen erscheinend — in der europäischen musikalischen Klassik um die Jahrhundertwende deutlich spürbar sind. Die Jahre, die der junge Vladigerov in Berlin verbrachte, wo er gelebt, studiert und gearbeitet hat, waren die Jahre des Einzugs des Jazz in Europa. In jener Zeit erlebte die Jazzmusik immer noch ihre frühe, klassische Etappe, als sie ihren Wurzeln noch sehr nahe war — dem Keyquock, Spiritual, Ragtime, Blues.
Unter den frühen Werke Vladigerovs sind eine Reihe von Genrestücke mit dem Titel Foxtrott, Shimmy, Keyquock, die Walzer Fantastic, Caprice, Romantic. Darin erscheinen wichtige Tendenzen, die sich im Labyrinth der modernen Musik — durch Millo als “synkopierte Musik” bezeichnet — abzeichnen. Das sind der deutlich ausgedruckte scharfe Rhythmus des Negertanzes, die Tonart-Besonderheiten einer spezifischen Folklore, die originellen Klangfarbe-Akzenten des modernen Orchesters, die launische pulsierende Metrorhythmik, die glicandenreiche melodische Linie.
Später verzichtete der Komponist auf diesen offen demonstrierten Genrebereich,
wobei sich gleichzeitig in seiner Musik eine zweite, indirekte Linie der
Beeinflussung durch die Unterhaltungsgattungen und den Jazz feststellen
läßt. Diese Linie der Gattungsimpulse kommt in der rhythmischen Zugespitztheit,
in der Schlagmacht des Klaviers, in der dynamischen Rolle der kupfernen
Blasinstrumente, in der betonten Bedeutung des Rhythmus und der Klangfarbe
zum Ausdruck.
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Pantscho Vladigerov und der Bulgarische Rundfunk
Stojan Angelov
In den künstlerischen Ausschüssen für die Aufnahme neuer Werke bulgarischer
Komponisten setzte sich Pantscho Vladigerov am Klavier, spielte, las die
Noten prima vista ungewöhnlich frei und genau. Das waren Klavierwerke oder
in Klavierform vorgestellte Werke, Chor- und Orchesterpartituren für die
Interpretation in unterschied-licher Zusammensetzung, Kammerwerke etc.
Für den Bulgarischen nationalen Rundfunk hat Pantscho Vladigerov zahlreiche
Werke komponiert - im Auftrag, lt. Vertrag oder auf seinen eigenen Vorschlag:
Dramatisches Poem Friedenslied op. 52 (1965)
Klavierkonzert Nr. 5 op. 58 (1963)
Sechs sinfonische Noveletten aus op. 59 u. 60 (1965)
Violinkonzert Nr. 2 op. 61 (1968)
Impressionen aus dem Ljulin-Gebirge — eine sinfonische Suite op. 63 (1972)
Vier Lieder für hohe Stimme und Klavier (und Sinfonieorchester) nach Dichtungen
von Nikolai Liliev op. 67 (1974).
Ein frühes Werk, komponiert im Auftrag des damaligen Leiters der Musikabteilung
Dimitar Nenov: Sechs bulgarische Volkslieder für hohe Stimme und Kammerorchester
op. 32 (1938).
Von den 60er bis zur zweiten Hälfte der 80er Jahre hat das Sinfonieorchester
des Bulgarischen nationalen Rundfunks fast alle Werke von Pantscho Vladigerov
gespielt und im Studio aufgenommen.
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Pantscho Vladigerov und Burgas in der ersten Hälfte des 20. Jh
Bisserka Gramatikova
In den Jahren 1926 und 1934 traten die Gebrüder Vladigerov in Burgas auf. Ein wesentlicher künstlerischer Auftritt von Pantscho Vldigerov in Burgas stellte das Konzert vom 10. April 1933 im Saal der Ständigen Bezirkskommission dar.
Im Jahre 1938 war Vladigerov Klaviersolist des Sinfonieorchesters der Gesellschaft Rodni svutzi (Heimatklänge). Später — im Jahre 1941 trat er zusammen mit dem Königlichen Sinfonieorchester unter der Stabführung von Sascha Popov im Gemeindetheater von Burgas auf. Das Konzertprogramm umfaßte Werke von Nikolai, Beethoven, Brahms, Gounaud , Vladigerov, Strauß, Stainov.
Im Jahre 1950 besuchte Vladigerov Burgas wiederholt anläßlich der Eröffnung der Musiksaison. Er trat als Solist des Staatlichen Sinfonieorchesters in Burgas auf unter der Stabführung von Vassil Lolov auf.
Schon bei seinem ersten Erscheinen auf der Bühne wurde der große bulgarische
Komponist durch das Publikum begeistert begrüßt.
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“Auch wir, Bulgaren ...”
(Überlegungen über zwei Aufsätze von Karel Mahan)
Svetlana Zacharieva
Die Eindrücke und das Erlebnis der Gegenwart veranlassen zu einer neuen Interpretation der Vergangenheit. Vor dem Hintergrund der durch nationalistischen Ehrgeiz und Haß gegen des ethnisch Anderen geschürten Ereignisse in Bosnien und besonders in Kossovo, erschien mir die kulturelle Präsenz des Tschechen Karel Mahan in Bulgarien und seine schnelle Einbindung in die bulgarische “solidarische Gemeinschaft” (Renand) fast idyllisch. Dieser Tatsache ist seine berühmte Aussage zu versanken: “Auch wir Bulgaren ...”.
Mahan kam nach Bulgarien im Jahre 1891, in einer Zeit zugespitzter politischen Spannungen und nationaler Rivalitäten. Seit der Wiedervereinigung Bulgariens und dem darauf folgenden Serbisch-bulgarischen Krieg waren nur 6 Jahre verstrichen. Der politische Krieg hatte seine Auswirkungen auf dem Bereich der Kultur, so daß sich Mahan schon sehr bald in eine Diskussion mit serbischen und kroatischen Musikern über die nationale Zugehörigkeit und historische Originalität der bulgarischen
Volksmusik einbezogen sah. In den Aufsätzen Unsere Weisen (1893) und Ist
unsere Volksmusik eigenständig? (1901) hat er ausführlich, vertieft und argumentiert
den bulgarischen Ursprung unserer Volksmusik, ihre Authentizität und — in
Form polemischer Hyperbolisierung — ihre einmalige Schönheit nachgewiesen.
Bei der Entwicklung seiner Thesen bediente er sich des gesamten theoretischen
und historischen Instrumentariums der Musikwissenschaft der Jahrhundertende.
Zur Erklärung der Spezifik der tonartmelo-dischen und metrorhythmischen
Natur der bulgarischen Musik, erweiterte er den Hauptapparat um die theoretischen
Besonderheiten der byzantinischen Gesängen und der altgriechischen poetischen
Metrik.
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THE NEW “PROFILES” BY V. KRUSTEV: A HUGE CREATIVE AIM
Gencho Gaytandjiev
The respectable work of prof. Venelin Krustev, a manuscript completed
at the eve of his eighty-year-anniversary, presents essays on scholar activities
of 35 Bulgarian musicologists, working in different areas of the musicology
since the beginning of the century till nowadays. Krustev has analyzed
selected by him publication and, in some cases, manuscripts, found by him
major and typical for the thinking and research style of their authors.
He has passionately disputed with his „heroes“, taking the chance to present
as well in detail his own opinions and positions. In this sense the essays
are not only an analysis of the musicological work of 35 of his colleagues,
but a quite successful “profile” of Krusrtev himself, outlining the evolution
of his viewpoints over the time.
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Die erste Cembalo — Abhandlung aus der Entfernung
von drei Jahrhunderten
Javor Konov
Die Abhandlung von De Saint Lambert Die Prinzipien des Cembalos (Paris,
1702) stellt eigentlich das erste Lehrbuch für Cembalo dar. Die Vergessenheit,
in der dieses bemerkenswerte Werk geraten war (bis zu den Reprints des
Minkoff Reprint-Verlags im Jahre 1974) ist zu erklären nicht nur durch den
nicht sehr hohen gesellschaftlichen Rang des Verfassers und dessen Unbekanntheit
als Komponist (wenn er überhaupt Komponist war), sondern vor allem durch seine
Bereitschaft, freiwillig seine eigenen Innovationen und seinen Beitrag —
sowohl zur Theorie, als auch zur Pädagogik — zu unterschätzen.
De Saint Lambert legte die ganze Unterrichtsmethodik nicht nur für Cembalo,
sondern auch für Musik überhaupt dar. Und nicht nur für die Musik. Die von
ihm vorgeschlagene Reform der Notenschrift (Reduzierung der Zahl der benutzten
Notenschlüssel in der Cembalo-Tabulatur wenn nicht auf nur einen, so auf
drei) und sein Vorschlag zur Änderung der bestehenden Praxis, in die Armatur
der B-Moll-Tonarten ein B weniger zu schreiben (unter dem Einfluß des damals
sehr verbreiteten dorischen B) und ihre tatsächliche Zahl zu notieren. Dazu
kommen bestimmte Erleichterungen der Notenschrift und sein Bestehen darauf,
mit allen Fingern zu üben, um die Flexibilität und die Technik zu verbessern.
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